Thursday, January 11, 2018

Thierry Meyssan Trump, die muslimische Religion und der politische Islam


Seit einem Jahrzehnt sind die Vereinigten Staaten in ihrem Widerspruch zum Islam verstrickt. Auf der einen Seite fühlen sie sich als das Land der religiösen Freiheit, auf der anderen Seite verwenden sie die Muslim-Bruderschaft, um den Erweiterten Nahen Osten zu destabilisieren, und drittens kämpfen sie gegen die Überschwemmung anderer Regionen durch den islamischen Terrorismus. Sie haben daher jegliche Forschung unterbunden, die ermöglicht, den Islam als Religion von seiner Manipulation für politische Zwecke zu unterscheiden. Nach dem Bruch mit dem Terrorismus der Muslimbruderschaft hat Donald Trump beschlossen, dieses Problem nun wieder aufzugreifen, mit der Gefahr im eigenen Land Gewalt zu provozieren. Denn in den Vereinigten Staaten bedeutet die Freiheit, Islam praktizieren zu dürfen, nicht gleichzeitig Politik betreiben zu können.

 | DAMASKUS (SYRIEN)  
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Wenn Donald Trump sagt: "Ich glaube, dass der Islam uns hasst", bezieht er sich auf die muslimische Religion oder auf die gleichnamige politische Ideologie?
In seiner neuen nationalen Sicherheitsstrategie ändert Präsident Trump die offizielle Terminologie und bezeichnet die muslimischen bewaffneten Gruppen als "dschihadistische Terroristen".

Islam: Religion oder Ideologie?

Nach dem Al-Qaida zugeschriebenen Attentat des 11.September hatte eine heftige Polemik Washington erschüttert: stellten die Terrorgruppen dort den Islam dar oder nicht? Wenn ja, dann sollten alle Muslime als Feinde des Vaterlandes angesehen werden. Wenn dies aber nicht der Fall ist, könnte man zwischen "gemäßigten" und "extremistischen" Muslimen unterscheiden.
Die Briten benutzten jedoch die gleichen Bezeichnungen in einem anderen Sinn: die "gemäßigten" Muslime sind "mäßig anti-imperialistische" Muslime, wie die Hamas, die keine politischen Einwände gegen Israel hat, und sich nur weigert, dass Muslime durch Juden regiert werden; während die "extremistischen" Muslime „extrem anti-imperialistische" Muslime sind, wie die Hisbollah, die den Sieg des kolonialen Staates Israel über die Araber infrage stellt.
Die Kontroverse erreichte ihren Gipfel im Juni 2006 während einer Konferenz des New York Metro InfraGard. Ein Agent und FBI-Experte, William Gawthrop, versicherte damals, dass es sinnlos sei zwischen den verschiedenen muslimischen Terrorgruppen zu unterscheiden, da alle auf der gleichen Ideologie, dem Islam, basieren. Dann gelangten fünf interne Dokumente des FBI an die Öffentlichkeit [1]. Für die Ausbildung ihrer Offiziere bestimmt enthalten sie die Behauptung, dass man umso potentiell radikaler sei, je mehr man "islamisch" ist, und, dass der Prophet Mohammed der Anführer einer gewalttätigen Sekte war. Gawthrop stützte sich auf eine unbestreitbare Studie des Korans, die Hadits und die wichtigsten theologischen Texte. Er zeigte, dass im Laufe der Geschichte, Theologen der vier wichtigsten sunnitischen Schulen den Krieg gegen die Ungläubigen unterstützt haben, aber keiner der Gelehrten der schiitischen Schule. Gawthrop war auch Dozent im Counterintelligence Field Activity (CIFA) des Department of Defense. Er hatte dort die Forschung über den militärischen Führer, Mohammed, vorangetrieben.
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Im Jahre 1953 empfängt Präsident Eisenhower eine Delegation der Muslim-Bruderschaft unter der Leitung von Said Ramadan. Die Vereinigten Staaten unterstützen von da an den politischen Islam im Ausland.
Diese Kontroverse war aber nicht neu. Auf der einen Seite, arbeiteten seit 1953 und dem Empfang von Said Ramadan durch Präsident Eisenhower, die CIA und das Department of Defense im Ausland mit den Anhängern des politischen Islam, der Muslim-Bruderschaft, zusammen. Auf der anderen Seite wurde während der Rassentrennung akzeptiert, dass die Nachkommen der Sklaven Muslime sein konnten, aber dass sie daraus keine politischen Ansprüche ableiten sollten. 1965 wurde der schwarze und moslemische politische Anführer Malcolm X ermordet, wahrscheinlich mit passiver Unterstützung des FBI. Im Sterben liegend versuchte er unmittelbar vor seinem Tod, seiner Sekretärin eine Nachricht für Said Ramadan zu geben.
Im Gegenzug zu dieser Sicht drohte eine bedeutende muslimische US-Persönlichkeit, Salam Al-Marayati, dazu aufzurufen, jegliche Zusammenarbeit mit dem FBI zu stoppen [2].
Sofort verbot der Stellvertreter des Staatsanwaltes, James Cole, alle Dokumente dieser Art, nicht nur im FBI, sondern in allen Verwaltungen.
Außer, dass die FBI-Dokumente für Kurse vorgesehen waren, wo die Lehrer ausführlich erklärten, dass sie sich nicht mit dem Islam als Religion, sondern als politische Ideologie beschäftigten [3].

USA: Land der religiösen Freiheit oder der Islamophobie?

Es war zu dieser Zeit, dass das State Department mehrere Strukturen erstellte, um die US- und ausländische öffentliche Meinung zu beeinflussen, damit sie nicht die USA beschuldigten, einen Krieg gegen die muslimische Religion zu führen. Diese Strukturen umfasste im Besonderen eine mehrsprachige Abteilung von 20 Personen, die unter falscher Identität in Foren intervenierte, um die Diskussionen zu lenken.
Unabhängig davon, wie man das Problem auch anpackt, kehrten die Vereinigten Staaten immer wieder zum gleichen Problem zurück: schon seit dem 7. Jahrhundert dient nämlich das Wort "Islam" auch in der arabischen Sprache dazu, sowohl eine Religion, als auch eine politische, von der Religion vollkommen verschiedene Ideologie zu benennen.
Schließlich veröffentlichte das Department of Homeland Security im Januar 2008, auf Initiative des Staatssekretärs Michael Chertoff, die Terminologie um die Terroristen zu definieren (Terminology to Define the Terrorists: Recommendations from American Muslims). Dann schrieb das Amt des Direktors der nationalen Nachrichtendienste (damals unter der Leitung von Mike McConnell) im März 2008 eine semantische Notiz für die gesamte Verwaltung. Diese Anweisungen wurden entwickelt, um die Bush-Administration -, die in 2001 vom "Kreuzzug gegen Al-Qaida" gesprochen hatte — von jeglichem Verdacht einer Islamophobie reinzuwaschen und die Ehre des "Landes der religiösen Freiheit" wieder herzustellen.
Die Tatsache, Barack Hussein Obama in das Weiße Haus zu bringen, hätte ausreichen müssen, um das Problem zu lösen. Aber dies war nicht der Fall, zumal ein Drittel seiner Wähler ihn damals für einen Muslim hielt; er sagte daher deutlich, dass er ein Christ aus einer muslimischen Familie sei. Das schien das Identitäts-Schema der Einwanderer aus dem Norden Europas zu bestätigen: man kann US-Amerikaner sein, auch wenn man, kulturell oder religiös Muslim ist, aber ein Präsident muss ein Christ sein. Daher die gewaltige von dem Immobilien-Entwickler Donald Trump finanzierte Kampagne zum Geburtsort von Obama (das britische Kenia oder Hawaii?). Natürlich bedingte die Antwort die Verfassungsmäßigkeit seiner Wahl, aber mehr noch, sie implizierte, ob er als Christ oder Moslem geboren wurde.
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Vor dem Start der "arabischen Frühlinge" haben Barack Obama und Hillary Clinton ihre Verwaltung mit Anhängern des politischen Islam besetzt.
Im Jahr 2011 erstellte der für die Propaganda (Public Diplomacy) zuständige Unter-Staatssekretär das Zentrum für strategische Kommunikation über Anti-Terrorismus (Center for Strategic Counterterrorism Communications). Im Jahr 2016 nahm diese Struktur den Namen Zentrum für ein globales Engagement (Global Engagement Center) an und erweiterte seine Zuständigkeit auf den Kampf gegen Russland. Sein Budget wurde dann um den Faktor 13 erhöht. Die Tatsache, den Kampf gegen den Terrorismus und die Rivalität mit Russland der gleichen Amtsstelle anzuvertrauen, hat offensichtlich nicht dazu beigetragen, die Dinge zu klären. Es war zu dieser Zeit, dass Washington den Ausdruck der UNO "gewalttätiger Extremismus“ annahm, um die Ideologie der Terroristen zu benennen [4].
Kommen wir noch zum 22. Dezember 2012 zurück, an dem die ägyptische Zeitschrift Rose El-Youssef das Vorhandensein von mehreren Führern der Muslim-Bruderschaft in der Administration Obama enthüllte, einschließlich Salam Al-Marayati. Er hatte insbesondere US-Außenministerin Hillary Clinton vertreten und den Vorsitz der offiziellen US-Delegation bei der Konferenz der OSZE zu den Menschenrechten inne gehabt. Seine Frau, Laila, stand Hillary Clinton nahe, als sie First Lady war und war Mitglied der Kommission für internationale religiöse Freiheit. Die Intervention von Al-Marayati gegen Gawthrop, sechs Jahre zuvor, war also nur ein Manöver der Clintons, indem sie die Muslim-Bruderschaft benutzten, um die Meinung des FBI und des Department of Defense umzudrehen.

Das Recht denken zu dürfen

Die Kontroverse kommt wieder im Juli 2017 in Gang mit der Einreichung einer Änderung des Gesetzes über militärische Programmierung (NDAA), das dem Department of Defense erlaubt, "die Verwendung von gewalttätigen muslimischen religiösen oder nicht-orthodoxen Doktrinen, um die Kommunikation der Extremisten oder Terroristen zu unterstützen und sie zu rechtfertigen“. Der Text wurde mit 217 Stimmen gegen 208 abgelehnt, immer noch im Namen des Schutzes des Islam als Religion.
Präsident Trump hat also letztlich entschieden, indem er das Wort "dschihadistisch" auf die muslemischen Terroristen bezog, obwohl ursprünglich der Dschihad nicht den bewaffneten Kampf gegen Ungläubige bezeichnete, sondern eine Introspektion und eine Selbstreflektion.
Bisher jedoch haben die Entscheidungen von Donald Trump die schlimmsten Missverständnisse ausgelöst. Sein Dekret zur Aussetzung der Zuwanderung aus Ländern, in denen die konsularischen Delegationen nicht die Mittel haben, die Ehrlichkeit der Kandidaten zu prüfen, ist als "islamophob" gedeutet worden, weil diese Länder eine muslimische Bevölkerungsmehrheit haben.
Seine Entscheidung ist eine wahre geistige Revolution für die Vereinigten Staaten. Bis jetzt setzte das Außenministerium die Strategie von Admiral Arthur Cebrowski um, indem – in einem Land nach dem anderen - jede Form politischer Organisation im Erweiterten Nahen Osten zerstört wurde, während das State Department auf die Zusicherung achtete, dass diese angewendete Politik nicht anti-muslimisch war.
Aus Sicht des Nahen Ostens war sie jedoch nicht so wahrgenommen worden. Da schon seit fünfzehn Jahren die Vereinigten Staaten die Umsetzung der Cebrowski Strategie [5] nur in dem mehrheitlich islamisch geprägten Teil der Welt begonnen hatten, war es für die Afghanen, Perser, Türken und Araber unmöglich, die US-Parolen zu verstehen. Es ist im Übrigen dieser Widerspruch, auf den Barack Obama während seiner Rede in Kairo im Juni 2009 stieß.
Wenn man die Ziele der US-Propaganda richtig versteht, kann man nur feststellen, dass sie selbst ihr erstes Opfer geworden sind. In der Tat, führte sie der Kontrast zwischen ihrer beschwichtigenden Rhetorik und ihre Unterstützung der muslimischen Brüder im Ausland (und nicht ihre Zerstörungs-Strategie des Erweiterten Nahen Osten) dazu, jegliche Untersuchung über den Ursprung des politischen Islam, sowohl bei ihnen als auch bei ihren Bündnispartnern, einzustellen.
Mohammed war ja ein General und ein Regierungschef. Diese besondere historische Situation hat seit den frühen Tagen des Islam eine Meinungsströmung ermöglicht, die versuchte, diese Religion zu manipulieren, um die Macht an sich zu reißen. Die meisten Muslime wuchsen mit den Hadith auf, die lange nach dem Tod des Propheten geschrieben wurden und die ihm militärische Heldentaten und ein besonderes politisches Denken zuschrieben. Die aktuelle Muslimbruderschaft basiert auf einer schwerwiegenden Vorgeschichte.
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Im Jahr 1965 wird der Anführer des amerikanischen politischen Islam wahrscheinlich mithilfe des FBI ermordet.
Darüber hinaus werden die Vereinigten Staaten die beiden Bedeutungen des Wortes "Islam" nicht unterscheiden können, solange sie nicht das Problem der eigenen Identität gelöst haben. Donald Trump und seine Wähler akzeptieren ohne Schwierigkeiten, dass Schwarze und Lateinamerikaner Bürger der Vereinigten Staaten sind, aber kaum, dass sie wichtige politische Funktionen ausüben können.
Obwohl es angemessen wäre, dass muslimische Intellektuelle diese Forschung unternähmen, um damit die politische Manipulation von der Religion zu trennen, werden es paradoxerweise wahrscheinlich die Vereinigten Staaten sein, die diese Erforschung allein unternehmen werden. Zwar gibt es eine große Anzahl von muslimischen Forschern in den USA, aber es ist unwahrscheinlich, dass dieses Land nicht seine eigenen kulturellen Probleme auf dieses Thema projiziert, mit der Gefahr es falsch auszulegen.

[1] Der Leser wird hier die wichtigsten in diesem Artikel zitierten Dokumente finden.
[2] “The wrong way to fight terrorism”, Salam Al-Marayati, Los Angeles Times, October 19, 2011.
[3] Dieses video eines Kurses in Quantico lässt keinen Zweifel zu diesem Thema zu.
[4] « Plan d’action pour la prévention de l’extrémisme violent », par Ban Ki-moon, Réseau Voltaire, 24 décembre 2015.
[5The Pentagon’s New Map, Thomas P. M. Barnett, Putnam Publishing Group, 2004. „Das militärische Projekt der Vereinigten Staaten für die Welt“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 22. August 2017.
Quelle: http://www.voltairenet.org/article199271.html

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