Friday, October 27, 2017

China – eine Chance zur Kooperation


rt. In den Augen vieler westlicher Medien gilt der alle 5 Jahre stattfindende Kongress der Kommunistischen Partei Chinas KPCh als wohlinszenierte Operette, ganz in der Tradition der Kongresse kommunistischer Parteien. Erwähnt werden in diesem Zusammenhang regelmässig Probleme mit der Korruption, mögliche parteiinterne Ränkespiele und als i-Tüpfelchen dann die fehlende Demokratie. Neu im Repertoire der Mainstream­medien ist der Hinweis auf Chinas wachsende Wirtschaftsmacht und der unterstellten Absicht, andere Staaten zu erpressen oder einzuschüchtern. Ganz so, als ob das im Westen völlig unbekannte Erscheinungen wären. Sicher gibt es an den Zuständen in China einiges zu kritisieren. In der Regel erfährt der Leser aber leider wenig über das Land selbst, seine Entwicklung sowie sein Selbstverständnis. Dafür werden gezielt alte Vorurteile bestärkt und neue Ressentiments aufgebaut.
In den vergangenen Jahren sind viele Darstellungen über China erschienen, die einen differenzierten Blick auf das Land ermöglichen (z. B. Seitz, Konrad. China. Eine Weltmacht kehrt zurück. 2006. ISBN 978-3-442-15376-3). Selbst wenn man nur wenig Einblick in die Geschichte des Landes nehmen würde, müss­te ein Urteil vorsichtig und differenziert ausfallen. Auffällig bleibt die unreflektierte Sicht der allermeisten Zeitungsredaktionen, ganz aus ihrem westlichen Selbstverständnis und ihrer trans­atlanischen Bindung heraus. So kann die Unterstellung, China handele genauso rücksichtslos wie die früheren Kolonialmächte (Frankreich, Deutschland, Grossbritannien oder die USA), zu gefährlichen Fehleinschätzungen führen. China führt weder eine Kanonenboot-Politik noch überzieht es die halbe Welt mit einem «Global War on Terrorism».

Offensichtlich sieht die moderne Grossmacht China ihre Gestaltungsmöglichkeiten eher auf wirtschaftlichem als auf militärischem Gebiet. Ausserdem beruft sich das Land zunehmend auf das Völkerrecht und die Uno, anstatt ständig geltendes Recht zu verletzen.
Die zögerliche, geradezu verhaltene Reaktion westlicher Staaten auf das chinesische Angebot zur Beteiligung an der «One Belt, one Road»-Initiative deuten eher auf machtpolitische Überlegungen hin als auf marktwirtschaftliches Interesse. Echte Chancen auf Kooperation könnten vertan werden. So konnte es kommen, dass einige europäische Länder (Makedonien, Ungarn, Serbien, Slowakei) statt mit EU-Krediten nun mit chinesischer Unterstützung notwendige Autobahnen und Brücken in ihrem Land bauen.

China als Wirtschaftsmotor

Dass sich heute die chinesische Bevölkerung von 1390 Millionen Menschen ernähren kann und zu immer grösseren Wohlstand kommt, ist eine enorme Leistung. Noch vor einigen Jahrzehnten wurde das Land von katastrophalen Hungersnöten mit Millionen Opfern heimgesucht. Nicht zuletzt durch den Kolonialismus des Westens im 19. und 20. Jahrhundert, die japanische Okkupation in den 1930–1940er Jahren sowie den anschliessenden Bürgerkrieg und die verheerenden Wirtschaftsexperimente Maos in den 1960er Jahren wurde das Land in die Armut getrieben und dort gehalten.

Der enorme Aufschwung des Landes in den vergangenen 20 Jahren wird auch international immer mehr zur Kenntnis genommen. Techniker und Ingenieure aus China haben in sehr vielen Bereichen zur weltweiten Führung aufgeschlossen. Das gilt für den digitalen Bereich genauso wie für die Raumfahrt oder das Transportwesen. Der Aufschwung strahlt weltweit aus, indem auch andere Volkswirtschaften vom chinesischen Wachstum profitieren konnten und können.
Beispielhaft hat die chinesische Regierung das geradezu gigantische Projekt der neuen Seidenstrasse (OBOR – One belt, one Road) initiiert. Ein breiter Korridor wirtschaftlichen Handels zu Land und zur See von Asien nach Europa wird geschaffen. Das Projekt betrifft mehr als 60 Länder und 4,4 Milliarden Menschen. Dadurch kann Arbeit und Wohlstand für viele ermöglicht werden.     • 

Dynamisches Wachstum in China

rt. Um eine Vorstellung von der dynamischen Entwicklung Chinas zu vermitteln, wird im folgenden ein Teil des Ausbaus des chinesischen Eisenbahnnetzes für Hochgeschwindigkeitszüge vorgestellt. Westliche Experten veranschlagten für den Ausbau des Netzes 30 Jahre. Doch schon nach wenigen Jahren werden die meisten Strecken befahren.
Die zweitlängste Trasse dieses Hochgeschwindigkeitsnetzes ist die Strecke von Peking (7,7 Mio. Einwohner, Angaben ohne Agglomeration) nach Guang­zhou (12 Mio.). Sie ist 2298 km lang und eine der 4 Nord-Süd-Achsen im geplanten Hochgeschwindigkeitsnetz. Die Strecke ist derzeit nach der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Schanghai (15 Mio.) nach Kunming (5 Mio.) die zweitlängste der Welt. Die Baukosten betrugen ungefähr 17 Milliarden US-Dollar. Die Strecke wird mit Geschwindigkeiten von bis zu 350 km/h befahren. China nimmt damit für sich in Anspruch, den schnellsten Zug der Welt zu besitzen.
Die Strecke führt dabei durch die dicht besiedelten Provinzen Hebei, Henan, Hubei, Hunan und Guangdong. Über eine 142 km lange Trasse ist auch Hongkong (7,3 Mio.) an diese Strecke angebunden. Die Hochgeschwindigkeits­strecke ist seit Ende 2012 in Betrieb – ihr Bau begann im Oktober 2008! Die Reise­zeit wurde von 20 auf 8 Stunden verkürzt. Nach der Strecke von Peking nach Schanghai ist sie die zweite Nord-Süd-Achse im chinesischen Hochgeschwindigkeitsnetz, die in Betrieb ging.
Auch bautechnisch war diese Strecke anspruchsvoll. Der schwierige Abschnitt zwischen Wuhan und Guangzhou besteht zu 65 % aus Brücken und Tunneln. Eine besondere Herausforderung war der Bau des 4500 Meter langen Jin-Shazhou-Tunnels unter dem Perlfluss bei Guang­zhou.  Zeit-Fragen Postfach  Postfach CH-8044 Zürich

Blicke und Ausweiskontrollen? Deutsch-Pakistaner über sein Leben in Sachsen

Blicke und Ausweiskontrollen? Deutsch-Pakistaner über sein Leben in Sachsen
Feroz Khan ist Student, YouTuber und versucht auf seinem Kanal Achse: OstWest Aufklärungsarbeit in Sachen Migration, Rassismus und Demokratie zu leisten. Ursprünglich kommt Feroz aus Frankfurt am Main. Er hat sich bewusst für Dresden als Wohnort für seinen Master entschieden.
Er wollte selber herausfinden, ob sich die Warnungen seiner Freunde und Bekannte über die vermeintliche Ausländerfeindlichkeit im tiefen Osten bewahrheiten. Jetzt lebt er bereits zwei Jahre in der sächsischen Hauptstadt und konstatiert eine gewisse Skepsis gegenüber seiner Person: "Es ist schwer, in meiner Haut zu stecken und durch dieses Land zu gehen."
Allerdings macht er dafür nicht gewisse Ressentiments in der Gesellschaft verantwortlich, sondern die Tatsache, dass "Menschen, die aussehen wie ich, jung, männlich, arabisch, […] überproportional und häufig durch […] Straftaten auffallen". Ein Gespräch mit Jasmin Kosubek und Feroz Khan über vermeintlichen Rassismus, Ablehnung und Verständnis. 
Hier kommt man übrigens in den YouTube-Kanal von Feroz.


Syrien: OPCW macht Damaskus für Giftgaseinsatz verantwortlich – Moskau widerspricht Schlussfolgerung

Syrien: OPCW macht Damaskus für Giftgaseinsatz verantwortlich – Moskau widerspricht Schlussfolgerung
Edmond Mulet, Vorsitzender des Joint Investigative Mechanism (JIM), während einer Pressekonferenz in New York. Die gemeinsame Untersuchungsmission der UN und der OPCW macht Damaskus für einen Giftgaseinsatz im April verantwortlich.
Nach der Freisetzung von Giftgas und dem Tod von über 80 Menschen im April in Syrien hält der Streit um die Schuldfrage weiter an. Nun sind Details eines OPCW-Berichts bekannt geworden, der Damaskus verantwortlich macht - allerdings ohne Ermittlungen vor Ort.
Am 4. April dieses Jahres kamen infolge einer mutmaßlichen Freisetzung des Nervengiftes Sarin in Chan Schaichun in der syrischen Provinz Idlib über 80 Menschen ums Leben. Islamistische Aufständische – der Ort wird von Al-Kaida kontrolliert – und der Westen machten unverzüglich die syrische Regierung dafür verantwortlich. Diese weist die Vorwürfe ebenso wie Moskau zurück. Seitdem tobt der Streit um die Urheberschaft des Verbrechens, infolge dessen die USA erstmals seit Ausbruch des Krieges gezielt Einrichtungen des syrischen Militärs angriffen.
Ein gemeinsames Untersuchungsteam der Vereinten Nationen und der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) mit Sitz in Den Haag, der so genannte Joint Investigative Mechanism (JIM), widmete sich dem Ereignis und legte seine Einschätzungen in einem noch nicht veröffentlichten Abschlussbericht dar. Das Gremium wurde auf Grund eines Beschluss des UN-Sicherheitsrates ins Leben gerufen.
Erschütternde Bilder aus Chan Scheichun: Helfer tragen die Leichname von Kindern, die Opfer einer Giftgasattacke wurden. Eine UN-Kommission macht nun Damaskus dafür verantwortlich. Skeptiker sehen die Anschuldigungen als rein politisch motiviert.
Details des JIM-Berichts gelangten am Donnerstag vorab an die Öffentlichkeit. Demnach seien die Ermittler davon "überzeugt", dass die syrische Armee für den Giftgaseinsatz verantwortlich ist. Die Nachrichtenagenturen AP und AFP zitierten aus dem Dokument, in das sie nach eigenen Angaben Einsicht nehmen konnten. Die JIM-Ermittler sind demzufolge "überzeugt, dass die Syrisch-Arabische Republik verantwortlich für die Freisetzung von Sarin in Chan Schaichun" ist. Laut den Verfassern des Dokuments wurde das Giftgas "durch eine Bombe freigesetzt, die von einem Flugzeug abgeworfen wurde".

Russland kritisiert Vorveröffentlichung selektiver Details

Russlands Ständige Vertretung bei den Vereinten Nationen äußerte ihr Befremden darüber, dass selektiv Details des Berichts an die Öffentlichkeit gelangten und ihre Runde in den Medien machen, obwohl dieser noch nicht freigegeben ist.
"Wir sind überrascht, dass einige westliche Nachrichtenagenturen direkte Zitate aus diesem internen Dokument wiedergeben", erklärte die russische Vertretung, die zugleich bestätigte, dass das JIM-Dokument im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verteilt wurde. In der Stellungnahme heißt es weiter: 
Wir haben eine gründliche Studie dieses Papiers begonnen, das von sehr komplexer technischer Natur ist. Diese Arbeit sollte unter Einbeziehung einschlägiger Spezialisten verschiedener Abteilungen durchgeführt werden.
Der neue Bericht scheint sowohl einen OPCW-Bericht vom Juni zu bestätigen, der erste Untersuchungsergebnisse präsentierte, als auch aus der Ferne durchgeführte Ermittlungen seitens der USA, Frankreichs und Großbritanniens, die sofort Damaskus für den Einsatz der Chemiewaffe verantwortlich machten. Washington begrüßte die nun durchgesickerten Schlussfolgerungen des JIM-Berichtes. Die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, sagte dazu:
Der heutige Bericht bestätigt, was wir schon lange wissen. Die überwältigende Menge an Beweisen in diesem Fall zu ignorieren, belegt eine zielgerichtete Missachtung weithin vereinbarter internationaler Normen.
Haley warf Russland vor, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad schützen zu wollen.

OPCW-Bericht hält Untersuchungsstandards nicht ein

Russland und Syrien haben die Ergebnisse des im Juni veröffentlichten Vorabberichts bereits zu einem frühen Zeitpunkt infrage gestellt. Beide Länder wiesen darauf hin, dass die Ermittlungsgruppe den Tatort nie besucht hat, sondern sich auf Beweise und Proben verließ, die von den islamistischen Terrorgruppen gesammelt wurden, die das Gebiet kontrollieren.
Ein Mitarbeiter der mit Al-Kaida kooperierenden Weißhelme atmet durch eine Sauerstoffmaske. Der Mann soll zuvor mit Giftgas in Kontakt gekommen sein, das die syrische Luftwaffe am 4. April in Chan Scheichun eingesetzt haben soll.
Die so genannten Experten haben auch die Luftbasis Al-Schairat nicht inspiziert, die wenige Tage nach dem Giftgasvorfall von den Vereinigten Staaten mit Dutzenden Marschflugkörpern angegriffen wurde. Washington behauptet, von dort sei das Flugzeug gestartet, das den Giftgasangriff auf Chan Schaichun ausgeführt habe. Beweise konnten die Amerikaner für diese Anschuldigung jedoch nicht vorlegen.
Erfolglos hatte die syrische Regierung wiederholt Vertreter der OPCW dazu aufgefordert, die Luftbasis auf Spuren des Giftgases zu untersuchen. Damaskus forderte zudem – ebenso erfolglos – eine Untersuchung des Tatorts durch internationale Experten.
Die OPCW hatte in ihrem Bericht vom Juni eingestanden, die Gewebeproben, in denen sie das Nervengift Sarin beziehungsweise ähnliche Substanzen identifiziert hatte, nicht selbst genommen zu haben, da sie vor Ort keine Untersuchung durchgeführt habe. Zudem hat die Organisation mitgeteilt, dass normale Untersuchungsstandards nicht eingehalten wurden. So gab es etwa keine lückenlose Beweismittelkette im Fall der untersuchten Proben.

Moskau geht von einer Inszenierung aus

Nach Überprüfung der gesammelten Beweismittel und Daten sagte Moskau, es tendiere zu der Auffassung, wonach der Giftgaseinsatz inszeniert worden sein könnte, und dass die tödlichen chemischen Substanzen nicht durch einen Luftangriff, sondern durch eine Explosion am Boden freigesetzt wurden. Neben Widersprüchen im Zusammenhang mit dem Einschlagskrater wies Moskau auf Ungereimtheiten hinsichtlich der Symptome der Opfer von Chan Schaichun hin. So seien die Pupillen der in Videoaufnahmen gezeigten Opfer geweitet gewesen. Bei Kontakt mit Sarin würden sich die Pupillen jedoch deutlich verkleinern.
Zudem dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass die Aufnahmen von den so genannten Weißhelmen angefertigt wurden - welche sich in der Vergangenheit de facto als Propagandaabteilung Al-Kaidas erwiesen haben. 
Am Mittwoch blockierte Russland einen Resolutionsentwurf des UN-Sicherheitsrates zur Verlängerung des Mandats der OPCW-UN-Mission. Zur Begründung führte Moskau an, dass über eine Fortsetzung der Mission erst nach der Bewertung des JIM-Berichts entschieden werden solle. Die Leistung, Unabhängigkeit, Objektivität und Professionalität des Untersuchungsteams müssen zunächst geprüft werden.
Symbolbild - Sigrid Kaag, Spezialkoordinatorin für die UN-Mission zur Zerstörung des syrischen Chemiewaffen-Arsenals, April 2014.

Washington meint, über Assads Schicksal bestimmen zu können

Nur wenige Stunden, bevor die Damaskus belastenden Aussagen des JIM-Berichts von Medien kolportiert wurden, hatte der US-Außenminister erklärt, Syriens Präsident Baschar al-Assad werde keine Rolle in der Zukunft des Landes spielen. Nach einem Gespräch mit dem UN-Sondergesandten für Syrien, Staffan de Mistura, sagte Rex Tillerson gegenüber Journalisten:
Die Herrschaft der Assad-Familie neigt sich dem Ende zu. Die einzige Frage ist, wie das erreicht werden soll. Wir sind der Meinung, und ich habe das auch oft gesagt, dass wir nicht glauben, dass es eine Zukunft für das Assad-Regime und die Assad-Familie gibt.
In Richtung Washington sagte Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja nach einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates: 
Ich denke, wir sollten keine Vorhersagen über die Zukunft von irgendjemanden machen. Die Zeit wird zeigen, ob jemand eine Zukunft hat oder nicht.
Nur wenige Tage vor dem Giftgasvorfall in Chan Schaichun hatten die USA erstmals seit Konfliktausbruch erklärt, dass eine Absetzung Assads für sie keine Priorität mehr habe. Nach Jahren des "Assad muss weg" war das eine beachtenswerte Kehrtwende der Amerikaner, die jedoch durch den Vorfall in Chan Schaichun bedeutungslos wurde.
Stellt man die Frage, wem der Chemiewaffenangriff politisch nutzte, steht die Antwort zweifelsfrei fest: den Assad-Gegnern. Über die Mittel zur Inszenierung eines solchen Angriffs unter falscher Flagge dürften sie wohl verfügen. Zumindest gingen US-Geheimdienste bereits im Jahr 2013 davon aus, dass die Nusra-Front – der syrische Al-Kaida-Ableger, der Chan Schaichun kontrolliert – im Besitz von Sarin ist. 

Russlands Außenminister Lawrow: Vorwürfe gegen Moskau spiegeln Machtkampf in den USA wider

Russlands Außenminister Lawrow: Vorwürfe gegen Moskau spiegeln Machtkampf in den USA wider
Russlands Außenminister Sergei Lawrow während eine Rede vor den Vereinten Nationen. 
Im Interview mit RT äußert sich der russische Außenminister Sergei Lawrow zum russisch-amerikanischen Verhältnis, den Unabhängigkeitsbestrebungen innerhalb der EU sowie zur Frage einer UN-Reform. Der Vorwurf der Einmischung Moskaus in die US-Wahlen spiegel laut ihm ein Machtkampf innerhalb der USA wider.
Frage: Womit rechnen unsere amerikanischen Partner, wenn sie weiterhin antirussische Stimmungen in der Gesellschaft schüren?
Sergej Lawrow: Ich denke, sie hoffen darauf, die Position der Trump-Administration zu unterminieren. Trotz aller Inkonsequenzen der aktuellen Administration des Weißen Hauses, und aller Extravaganz, hielt Donald Trump an seiner Absichtsbekundung fest, die er sowohl in seinem Wahlkampf als auch nach seiner Wahl zum Präsidenten tätigte: Die Absicht, die Beziehungen zu verbessern und mit Russland zusammenzuarbeiten.

Die meisten Demokraten können die Wut über den Verlust ihrer Kandidatin bei der Präsidentschaftswahl nicht überwinden und ein Großteil der Republikaner ist mit dem Mangel des systemischen Charakters der jetzigen Verwaltung, auch des Präsidenten, unzufrieden. Unter diesen Bedingungen spiegelt diese anti-russische Hysterie in den Vereinigten Staaten, die Sie gerade erwähnten, den internen politischen Kampf wider. Das sagte der Präsident Russlands, Wladimir Putin, und dies hat sich nach unserer Analyse bestätigt.
Fast ein Jahr ist vergangen, seitdem die USA begonnen haben, die Russland-Verbindungen von Donald Trump, die Einmischung Russlands in den Wahlkampf zugunsten der Republikaner zu untersuchen. Es werden Anhörungen durchgeführt, Sonderermittlungen werden organisiert, ein Sonderstaatsanwalt wird ernannt, Dutzende Menschen werden befragt. Und trotzdem gab es im ganzen Jahr, mit so vielen an diesem Prozess beteiligten Personen, kein einziges Leak, das diese Anschuldigungen bestätigen würde. Das sagt mir viel. Es ist unmöglich, die Prozesse abzudichten, die zur Untersuchung der sogenannten „russischen Einmischung“ eingesetzt wurden. Der Vorwurf beruht offensichtlich nicht auf Tatsachen, denn sonst wären diese schon bekannt geworden.
Frage: Welche Konsequenzen hat Ihrer Meinung nach der lauter werdende Ruf nach Selbstbestimmung in Europa, der sogar zu Separatismus führen kann? 
Sergej Lawrow: Ich weiß nicht, welche Konsequenzen das haben wird. Ich hoffe sehr, dass dies zu keinen Erschütterungen in Europa führen wird. Wir sind an einer stabilen Europäischen Union interessiert. Vielleicht besteht der Ausgang darin, den Trend der weiteren Integration den Stimmungen anzupassen, die eine Rückkehr zu mehr Souveränität fordern und in einer Reihe von Ländern auftauchen. Es wurden viele Kompetenzen an Brüssel, an die zentralen Strukturen der Europäischen Union, abgegeben. Die Europäische Kommission - wie jedes bürokratische Gebilde - versucht, diese nicht nur zu nutzen, sondern auch zu erweitern, aber nicht immer mit der Zustimmung der Mitgliedsländer. Es folgt eine Rückwirkung.
Wahrscheinlich wird es für die EU der Prozess des Findens der „goldenen Mitte“ zwischen der Zentralisierung einer Reihe von Kompetenzen einerseits, und einem größeren Respekt als bisher für die Souveränität und nationalen Rechte der Mitgliedsstaaten anderseits. Das wird nicht einfach, aber nützlich.
Frage: Wie werden nach ihrer Meinung nach entstehende soziale Probleme gelöst - in erster Linie, Probleme der Ungleichheit innerhalb der einzelnen Länder, und insbesondere innerhalb der EU?
S. Lawrow: Mir fällt es schwer zu sagen, wie andere Länder ihre inneren Probleme lösen werden. Wir haben unsere eigenen Programme für die Lösung von sozialen Problemen. Diese wurden durch den Niedergang der Weltkonjunktur aufgrund der Wirtschaftskrise erschwert, unsere Beziehungen zu Europa und anderen westlichen Staaten werden zudem durch unrechtmäßig eingeführte Sanktionen belastet. Aber jetzt hat unsere Regierung einen vorwärtsweisenden Plan ausgearbeitet, der von unserem Präsidenten genehmigt wurde. Die Lösung der sozialen Probleme betrachtet Wladimir Putin als eine unserer Prioritäten. Wir haben unseren eigenen Plan in diesem Zusammenhang, wie ich schon gesagt habe. Welche Pläne man in Europa schmiedet und ob man diese Ziele erreichen wird, ist für mich schwer zu beurteilen. Aber ich bin mir sicher, dass man sich auch dort darüber Gedanken macht. Alles, was jetzt in Frankreich angesichts der von Präsident Macron ergriffenen Initiative in der Arbeitsgesetzgebung geschieht, zeigt relativ klar, dass dies kein leichter Prozess ist.
Russlands Außenminister Sergei Lawrow:
Frage: In der letzten Zeit gibt es viele Diskussionen über die Notwendigkeit einer Reform der Vereinten Nationen. Welche Strukturen der UN sollten reformiert werden, und wie lange würde so etwas dauern? 
S. Lawrow: Eine Reform ist kein einmaliges Ereignis. Um lebendig zu bleiben, muss jede Struktur sich selbst vervollkommnen. Das passiert auch in der UN. Die Reform des Menschenrechtssektors wurde dort umgesetzt. Der UN-Rat für Menschenrechte wurde gegründet. Die Reform der 'Friedensbildung' wurde durchgesetzt. Unter Friedensbildung versteht man einen Zeitraum zwischen dem Ende eines militärischen Konflikts und dem Anfang des wirtschaftlichen Aufbaus. Die UN-Kommission für Friedensbildung wurde gegründet.
Eine Reihe der anderen Reformen, einschließlich der Reform des Generalsekretariats, werden besprochen, sodass dessen Tätigkeit wirksamer und nicht so bürokratisch wird, sowie Parallelismus und Verdoppelung vermieden werden. Eine der wichtigsten Reformen schon vor der Zeit, als António Guterres das Amt des Generalsekretär angetreten hatte, ist die Einführung des Posten des Stellvertretenden Generalsekretärs im Bereich der Terrorbekämpfung. Es wurde die Abteilung für Terrorbekämpfung gegründet, deren Ziel es ist, die Arbeit des ganzen UN-Systems zu koordinieren. Zum UN-System gehören zahlreiche Strukturen, Spezialorganisationen, Programme, Fonds, die darauf abzielen, alle mit der Terrorbekämpfung verbundenen Maßnahmen zu harmonisieren. Das ist auch eine wichtige Reform, die erst jetzt initiiert wurde und die bis zur praktischen Umsetzung nachgearbeitet werden muss.
Und natürlich die Reform des Sicherheitsrates. Dieser Prozess kann nur mittels eines Konsens umgesetzt werden kann, so der Beschluss der UN-Vollversammlung. Das ist kein einfacher Fall. Ich glaube, dass es unmöglich ist, diese Vereinbarung innerhalb weniger Jahre zu erreichen, aber der Prozess wird fortgeführt. Die Interessen aller Staaten wurden angehört und nachvollzogen. Wir treten dafür ein, dass das Hauptziel der Reform darin liegt, die Entwicklungsregionen der Welt wie Afrika, Asien und Lateinamerika, die noch nicht ausreichend im UN-Hauptgremium vertreten sind, stärker einzubeziehen. Die gleiche Einstellung teilen unsere chinesischen Partner und die Mehrheit der Länder der „Dritten Welt“. Wir werden diese Position einhalten.