Friday, October 6, 2017

Rohingya-Konflikt in Myanmars Provinz RakhineFreiheitskämpfer oder Terroristen?Von Rainer Rupp

Des einen Freiheitskämpfer sind des anderen Terroristen. Dieser Grundsatz zeigt sich auch im Rohingya-Konflikt. Die bewaffneten Gruppen der muslimischen Minderheit in Myanmar erhalten Geld, Ausbildung und Waffen für ihre Kämpfer. Aber ist ihr Ziel tatsächlich ein islamischer Staat? Wer sind die muslimischen, bewaffneten Gruppen, die mit Überfällen auf Polizeistationen und Brandschatzung von buddhistischen Dörfern seit Oktober Myanmars Krisenprovinz Rakhine unsicher machen. Sind es idealistische Freiheitskämpfer, die für die angeblich entrechtete, muslimische Minderheit der Rohingya dort einen Kleinkrieg führen? Diese Darstellung findet man überwiegend in westlichen Medien, die in mitleidheischenden Artikeln über die Lage der muslimischen Minderheit der Rohingya den Rebellen ehrliche Motive zubilligt. 

Oder handelt es sich bei den angeblichen „Freiheitskämpfern“ um fanatisierte lokale Islamisten, die von ausländischen Dschihadisten ausgebildet und angeführt werden. Ihre Gegner behaupten, sie kämpften ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung, egal ob es sich um Frauen und Kinder aus der buddhistischen Mehrheit oder muslimische Minderheit handelt, obwohl sie Letztere vorgeben zu schützen. Ihr Ziel sei, in der Provinz Unsicherheit zu schaffen und sie für die Zentralregierung unregierbar zu machen, um langfristigen Rakhine von Myanmar abzuspalten. Das ist zum Beispiel die Sicht der Friedensnobelpreisträgerin und de-Facto Staatspräsidentin Myanmars, Aung San Suu Kyi, auf die Lage in Rakhine. Ihre Einschätzung wird auch in Peking und Moskau geteilt. 

Von interessierten Kreisen im Ausland gesteuert

Laut dieser Lesart handelt es sich in Rakhine um islamistische Terroristen, die von interessierten Kreisen im Ausland gesteuert und dazu missbraucht werden, eine engere wirtschaftliche, politische und militärische Zusammenarbeit zwischen China und Myanmar zu torpedieren oder gar ganz zu verhindern. Denn Rakhine ist aus geologischen Gründen die Schlüsselprovinz für die Verwirklichung des Baus der Öl- und Gaspipelines vom Golf von Bengalen in den Westen Chinas, womit Peking zur Verbesserung seiner Energiesicherheit den maritimen Engpass der Straße von Malakka umgehen will.

Ursprünglich hatten sich die Rohingya-Kämpfer den arabischen Namen “Harakah al-Yaqin” gegeben, was so viel wie "Bewegung des Glaubens“ heißt. Diese Bewegung war 2012 nach größeren Gewaltausbrüchen zwischen muslimischen und buddhistischen Bevölkerungsgruppen in Rakhine gegründet worden. Sie blieb weitgehend unbekannt bis sie im Oktober 2016 von sich reden machte, nachdem ihre Kämpfer einige Polizei- und Grenzposten angegriffenen und dabei 9 Polizisten getötet hatten. Dennoch hat die Bewegung inzwischen ihren Namen geändert, um die Nähe zum arabischen Islamismus zu kaschieren. 

Aktuell firmieren die in Rakhine operierenden Kämpfer unter dem patriotischen Namen „Arakan Rohingya Salvation Army“ (ARSA). Arakan ist ein alter Name für die Provinz Rakhine. Auf Deutsch übersetzt heißt die umbenannte Gruppe jetzt also: „Rettungsarmee der Rohingya in Rakhine“.

Zwar behaupten die ARSA-Aktivisten und ihre ausländischen Unterstützer stets, dass die Rohingya-Kämpfer keine Terroristen sind, weil sie nur Sicherheitskräfte der Regierung angriffen. Allerdings scheint das Gegenteil der Fall. So berichtete etwa die britische BBC unter Bezugnahme auf Nay Pyi Taw vom 4. September dieses Jahres über einen Überfall einer ARSA-Gruppe auf das buddhistische Dorf Maungtaw in der Provinz Rakhine vom Tag zuvor. Gegen 10 Uhr abends war eine Gruppe von 30 ARSA-Kämpfern im Schutz der Dunkelheit in das Dorf eingesickert. Es kam zu Kämpfen. Als eine Stunde später die staatlichen Sicherheitskräfte eintrafen, zogen sich ARSA-Kämpfer zurück, aber nicht ohne zuvor Feuer gelegt zu haben, das sich rasch ausbreitete. Dem seien dann laut Regierungsangaben insgesamt Hütten und Häuschen zum Opfer gefallen. 

Auch laut einer Analyse der in Brüssel ansässigen „International Crisis Group“ (ICG) haben die ARSA-Kämpfer immer wieder ganz normale Bewohner buddhistischer Dörfer überfallen und massakriert und ihre Siedlungen niedergebrannt. Im Gegenzug haben Militär und Polizei – wie üblich in solchen Konflikten – Rohingya-Siedlungen niedergebrannt, die im Verdacht standen, ARSA-Mitglieder zu verstecken. Als Fazit können wir hier also festhalten, dass ARSA-Kämpfer, die unschuldige Menschen, Frauen und Kinder zur Zielscheibe nehmen, zu Recht als Terroristen bezeichnet werden, egal wie nobel ihre angeblichen Motive im Westen dargestellt werden. Aber sind sie auch islamistische Terroristen, wie die Regierung Myanmars behauptet?

Die angeblich guten Verbindungen von ARSA zu verschiedenen islamistischen Terrorgruppen im Mittleren Osten sind zwar nicht dokumentarisch belegt, aber dennoch gibt es dafür gute Indizien. So nehmen z.B. internationale Dschihadisten-Gruppen wie die Taliban, der so genannte "islamische Staat" (IS) und al-Qaida lebhaften Anteil an der Lage der ARSA. Diese Terrororganisationen verurteilen z.B. mit großer Heftigkeit die angeblich gegen die Rohingya begangenen Gräueltaten und fordern auf ihren Webseiten „Rache an Myanmar und seinen Buddhisten“. Laut einer Analyse der in Brüssel beheimateten „International Crisis Group“ (ICG) deute das darauf hin, dass die ARSA mit den anderen internationalen Dschihadisten Gruppen vernetzt ist. 

ARSA-Terrorgruppe in Saudi-Arabien gegründet?

Unter Bezugnahme auf dieselbe ICG-Analyse berichtete die britische Nachrichtenagentur Reuters im Dezember 2016, dass die ARSA-Terrorgruppe in Saudi-Arabien gegründet wurde und die dschihadistische Kampfausbildung von Saudi Arabien und Pakistan geleitet und finanziert worden sei. Laut Mitarbeitern der ICG wurden die aus Rohingya-Islamisten bestehende ARSA-Einheiten, die – wie bereits oben berichtet - im Oktober 2016 drei Grenzposten in Myanmar überfallen und 9 Soldaten getötet hatten, von Leuten angeführt, die nachweislich Verbindungen zu Saudi Arabien und Pakistan haben.

Demnach war der Anführer der Gruppe ein gewisser Ata Ullah. Laut ICG ist er im pakistanischen Karachi als Sohn eines Rohingya Migranten-Vaters geboren. Schon als Kind kam er mit seinem Vater nach Mekka in Saudi-Arabien, wo er aufwuchs und islamistisch radikalisiert wurde. Dort bekam er dann als junger Mann, zusammen mit 20 weiteren Rohingya, eine Ausbildung in Guerilla-Kriegsführung. Daraus ist dann anscheinend der harte Kern der islamistischen Terroristen entstanden, die nun die Provinz Rakhine unsicher machen. Unabhängig davon gebe es einen in Mekka residierenden „Ältestenrat“ aus Rohingya Emigranten, der die militärischen Operationen der ARSA-Terroristen in Myanmar politisch überwacht. 

In einem Video, das auf der ARSA-Webseite ins Netz gestellt wurde, prahlt Anführer Ullah, dass die ARSA inzwischen Zulauf von Hunderten von jungen Rohingya-Männern bekommt, die alle mit Hass auf die Buddhisten erfüllt seien. Rohingya-Islamisten, die bereits in anderen internationalen Konflikten Kampferfahrung gesammelt haben, sowie kampferprobte Pakistanis und Afghanen, hätten die Ausbildung der Rekruten übernommen. Diese beinhaltete Waffenkunde, Guerilla-Taktik, wobei besonderer Wert auf die Herstellung von selbst hergestellten Sprengstoffen und improvisierten Sprengfallen gelegt werde.

Der Zulauf zur ARSA scheint nicht übertrieben, denn nur so erklärt sich, dass am 25. August dieses Jahres die ARSA 30 Polizei- und Militärposten überfallen und dabei 12 Polizisten ermorden konnte. Mit diesen Operationen hätte die ARSA ihre „Legitimität und Fähigkeit zur Durchführung von Angriffen etabliert“, weshalb jetzt unwahrscheinlich sei, dass sich die Terroristen in Zukunft Sorgen um ihre weitere finanzielle Unterstützung machen müssten, lautet der zynische Kommentar der International Crisis Group zu diesen mörderischen Überfällen. 

Um der Gewalteskalation von beiden Seiten zu entgehen, fliehen viele Rohingya über die Grenze nach Bangladesch. Dort erwartet vor allem die jungen Männer eine von Saudi Arabien finanzierte Infrastruktur, mit deren Hilfe sie von der radikal islamistischen Wahhabi Propaganda infizieren werden sollen, mit dem Ziel, sie zu willigen Mordwerkzeugen zu machen. Denn langfristig soll aus der Myanmar-Provinz Rakhine ein „unabhängiger Islamischer Staat“ werden, zumindest wenn es nach den Video-Verlautbarungen des militärischen Anführers der ARSA Ata Ullah und seiner Gruppe geht.

Das aber ist noch ein langer Weg und bedarf vieler, dschihadistischer Fußsoldaten. Dafür hat Saudi Arabien laut der kritischen US-amerikanische Webseite „MofA“ am 26. April dieses Jahres bereits die Fundamente gelegt, und zwar mit der Unterschrift unter das eine Milliarde Dollar teure Mamut Projekt, das den Bau von 560 Moscheen samt dazugehöriger Islamschulen in Bangladesch vorsieht. 

Insgesamt habe die saudische Golf-Diktatur im Mantel einer islamistischen Monarchie seit 1979 rund um die Welt die Summe von 70 Milliarden Dollars für solche Moscheen und religiöse Schulen ausgegeben. Dort wird ausschließlich der gewalttätige, saudische Wahhabismus gelehrt, eine islamistische Lehrmeinung, die keine andere neben sich duldet.

Derweil geht der Konflikt vor Ort weiter. Laut jüngsten Angaben der Regierung von Myanmar sind 45 Dörfer und Siedlungen in Rakhine (mit muslimischen oder buddhistischen Einwohnern) bisher abgebrannt worden. Laut einem Sprecher mit Namen Zaw Htay seien im Norden von Rakhine von insgesamt 471 Dörfern 176 vollkommen verlassen worden und aus 34 weiteren seien mindestens einige Leute geflohen. Weiter betonte der Sprecher jedoch, dass bei weitem nicht aus allen muslimischen Ortschaften die Bewohner über die Grenze nach Bangladesch geflohen seien.

Diejenigen jedoch, die sich nach Bangladesch abgesetzt hätten, seien entweder mit den Aufständischen verbunden, oder es handele sich um Frauen und Kinder, die vor den Konflikten fliehen. Laut offiziellen Zahlen sind in Rakhine seit dem 25. August 432 Menschen getötet worden. Die meisten seien Aufständische gewesen.

Chinesischen Einfluss in Myanmar zurückdrängen

China, das enge Beziehungen zur Regierung von Myanmar pflegt, begrüßte ausdrücklich die anti-Terror-Operation gegen die ARSA in Rakhine und bezeichnet sie als “interne Angelegenheit” eines souveränen Staates. Die USA und ihre Verbündeten, die den chinesischen Einfluss in Myanmar zurückdrängen wollen, möchten den Konflikt mit humanitären Appellen mit Hilfe der Vereinten Nationen internationalisieren.

Dabei leisten westliche Medien mit entsprechender Gräuelpropaganda Washington Schützenhilfe. Schon hat die US-Regierung zum „Schutz der Zivilbevölkerung“ in Rakhine aufgerufen. Das ist ein ominöser erster Schritt, der in der Vergangenheit schon öfters zur Vorbereitung bewaffneter Intervention genutzt wurde, die mit der berüchtigten angeblichen „Schutzverantwortung“ (R2P) rechtfertigt wurden, mit der das Angriffskriegsverbot der UNO-Charter umgangen wurde.


Mit Dank übernommen von RT Deutsch – Erstveröffentlichung am 30.09.2017 als dritter Teil einer Folge von Artikeln (Teil 1: Die Scheinheiligkeit westlicher Empörungsdramaturgie, Teil 2: US-Blockadeinstrument gegen Chinas Einfluss in Myanmar)

Online-Flyer Nr. 631  vom 04.10.2017
Demokratische Erneuerung nach Bundestagswahl vom 24. September 2017 
CDU/CSU und SPD vor einen Untersuchungsausschuss!Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Die Stunde der Wahrheit hat geschlagen: Die Regierungsparteien CDU/CSU haben ihre historisch größte Schlappe hinnehmen müssen. Auch die SPD ist in Gefolgschaft und Koalition mit der Union peu à peu in der Wählergunst gesunken bis zu ihrem aktuellen nie dagewesenen desolaten Zustand (20,5%), wie die Bundestagswahl am Sonntag, 24.9.2017, offen legte. Weder Angela Merkel noch Martin Schulz tragen die Hauptverantwortlichkeit für die erheblichen Verluste ihrer jeweiligen Parteien, wie es bei Präsidentschaftswahlen der Fall wäre. Eine der schwerwiegendsten Ursachen für den Vertrauensverlust in die Regierungsparteien ist die neoliberale Politik, der sich beide Regierungsparteien ohne Rücksicht auf die destruktiven Folgen verschrieben haben, eine neoliberale Politik, die den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft zerstört und die Kluft zwischen Armen und Reichen ständig vertieft. Hinzu kommen die gravierenden Rechtsbrüche, die sowohl die Union als auch die SPD wiederholt begangen haben, so weit, dass sich die Bundesregierung Deutschlands jahrzehntelang bis heute von dem größten Aggressor der Welt hat dirigieren lassen und sich an US-Angriffskriegen und militärischen Operationen beteiligte in flagrantem Verstoß gegen internationale Normen und Grundgesetz. Keine einzige Oppositionspartei hat bisher die Regierungskriminalität vor eine Untersuchungskommission des Bundestages gebracht. 

Bündnis 90/Die Grünen und FDP: Finte für die Wähler, da neoliberale Anker 

In diesem desolaten politischen Zustand bleiben Bündnis90/Die Grünen und FDP eine weitere Finte, die die Wähler erneut täuscht. Beide Gruppierungen sind auch neoliberale Anker und zählen deshalb auf die Unterstützung der Medien. Von ihrem falschen Sirenengesang verführt, tappen naive Wähler in ihre trügerische Falle, die sie wegen der von allen Seiten erfolgenden Propaganda nicht erkennen.

Gelenkte Medien haben seit Anfang 2015 Feindbilder bei der Flüchtlingswelle in die Öffentlichkeit getragen, ein geschicktes Manöver, um ständig von der realen wirtschaftlich-sozialen Problemen des Landes abzulenken. Dies spielte der AFD in die Hände und ließ sie an Aufmerksamkeit und Zustimmung gewinnen. Die Ursachen der Flüchtlingswelle blieben jedoch medial unter den Teppich gekehrt, nämlich die zahlreichen Kriege im Ausland, die der Westen (USA/EU) skrupellos führt und die Wirtschaftspolitik.

Anfang vom Ende einer korrumpierten inkompetenten Parteien-Herrschaft

Die Wahl am Sonntag 24.9.2017 ist nur der Anfang vom Ende einer korrupten inkompetenten Parteien-Herrschaft. Ein langer Weg bis zur Kehrtwende steht wahrscheinlich vor uns. In Frankreich sind die traditionellen Parteien schon aus der politischen Führungsebene verschwunden: Konservative und Sozialisten. Der nachfolgende neue Präsident, der neoliberale Bankier Macron, bekommt jetzt zu Recht die nüchterne Ablehnung und dezidierte Distanz des französischen Volks zu spüren. Die aktuelle CDU, die laufend an Zustimmung in der Bevölkerung verliert, ist schon lange nicht mehr die CDU von Kanzler Helmut Kohl, die die Grundsätze der christlichen Sozialethik noch ernst nahm und sich gegen US-Angriffskriege zu positionieren wusste. 

Medien gegen jeden substantiellen Wechsel

Solange sich die Medien gegen jeden substantiellen Wechsel stellen, ist eine wirkliche Änderung der Politik nicht zu schaffen. Wären deutsche Medien befreit von der Nazi-faschistischen Vergangenheit, würden sie zur gründlichen Aufklärung der Gesellschaft und Säuberung der Politik beitragen, vor allem wenn eine Plutokratie die Fäden der Macht in der Hand hat. Aber einflussreiche deutsche Medien gehören zu Familien, die im faschistischen Nazi-Deutschland eine wichtige Rolle spielten (z.B. Holzbrinck, später Verlagshaus von Handelsblatt, Tagesspiegel, Wirtschaftswoche ...). In der DDR sind diese schlimmen Verhältnisse gut dokumentiert worden. Schon allein deshalb hat DIE LINKE in diesen Medien nichts zu melden, denn jene Medien und die alten etablierten Parteien fürchten sich, mit dieser unehrenhaften hässlichen Realität konfrontiert zu werden.

Unmenschliches neoliberales System in den Vordergrund der zukünftigen politischen Auseinandersetzung

Der neue neoliberale Schwindel mit dem Auferstehen der FDP stellt bloß, wie nötig es ist, die Wählerschaft über diesen gefährlichen Trug aufzuklären. Sowohl die CDU als auch die SPD und Grünen bleiben beim Neoliberalismus als wirtschaftspolitisches Credo, und die AFD scheint auch keine Erkenntnis und Klarheit darüber zu haben. Infolgedessen ist keine dieser Parteien eine konstruktive Alternative für Deutschland. Nicht die Flüchtlingspolitik, sondern das unmenschliche neoliberale System wird im Vordergrund der zukünftigen politischen Auseinandersetzung stehen müssen. 

Großes programmatisches AFD-Vakuum: Keine Alternative zum neoliberalen System

Die neu im Bundestag vertretene Partei AFD mit einer Führungsriege aus ehemaligen CDU-, CSU- und FDP-Mitgliedern ist dafür eine völlige Fehlanzeige. Bei ihr gibt es in der Tat ein großes programmatisches Vakuum, denn sie weiß keine Alternative zum neoliberalen System anzubieten, ein schwerwiegender Mangel, den sie mit den so genannten Altparteien teilt. Nur ist zu hoffen, dass ihre Präsenz im Bundestag hilft, Deutschland wieder auf die rechtsstaatliche Basis zurückzubringen. Unter den gegebenen Umständen sind die neoliberalen etablierten Parteien CDU/CSU, SPD und Bündnis90/Die Grünen, die trügerischerweise „soziale Gerechtigkeit“ propagieren, zum weiteren Absinken verurteilt. Auch die AFD ist in dieser Hinsicht als falsche Alternative sachlich zu entlarven. Ihre Achilles-Ferse ist gerade ihr fehlendes Verständnis für das unmenschliche neoliberale System. 

CDU von Anfang an Post-Nazi-Partei

Der AFD Neonazi-Positionen zu unterstellen, ist eine banale Infamie der Medien, die sich weigern, sich mit der programmatischen Politik dieser neuen Partei zu befassen. Enge Anhängerschaft zum Nazi-Faschismus hat die CDU von Anfang an als Post-Nazi-Partei gekennzeichnet, wie berühmt-berüchtigte NSDAP-Führungsfiguren in Spitzenpositionen der westdeutschen Bundesrepublik offenbarten. So auch bei der FDP, deren Vertreter den Düsseldorfer Landtag auf Druck der britischen Besatzungsbehörden verlassen mussten, weil sie mit ihrer Nazi-Prägung die FDP zu einer faschistischen Partei umzuwandeln drohten. Die undemokratische Stimmung bei CDU/CSU/FDP war so stark, dass ihre extreme Intoleranz gegenüber anderem Denken die menschliche Vernunft und besonnene politische Überlegung vollständig im Bundestag blockierte. Der Selbstmord eines dissidenten Abgeordneten im Bundestag klagt bis heute noch diese aggressiven Parteien an als faschistische Redukte und Blamage für die deutsche Demokratie, denn sie wollen nicht hören, was ihnen nicht passt. So ist das deutsche Parlament eine akklamatorische Versammlung geworden. Die postnazistische westdeutsche Bundesrepublik war mit dabei, die chilenische Diktatur von General Pinochet zu ermöglichen und unterstützte sie durch die Konrad-Adenauer- und Hans-Seidel-Stiftung, ebenso wie die Apartheid in Südafrika unterstützte. Der CSU-Professor für Rechtswissenschaften, Dieter Blumenwitz, war einer der wichtigsten Mitarbeiter an der diktatorischen Verfassung Pinochets von 1980, die immer noch ein Problem für Chile darstellt. Die damalige Bonner Prominenz hofierte alle wichtigen Diktatoren, genauso wie die Berliner Prominenz heute die reaktionärsten arabischen Regierungen hofiert. Soweit die „demokratischen Werte“ bei CDU/CSU und FDP.

Politische Kultur eine Frage der persönlichen Reife und Vernunft

Bei der AFD ist die Faschismus-Brandmarke nicht eindeutig zu erkennen, denn sie ist keine Partei aus der westdeutschen Nachkriesgszeit wie die damaligen Sammelbecken von führenden NSDAP-Mitgliedern in CDU, CSU und FDP. Dummes unbesonnenes Gerede gibt es nicht nur bei einzelnen führenden AFD-Mitgliedern, sondern auch bei denen in herkömmlichen Parteien. Selbstverständlich ist die politische Kultur eine Frage von persönlicher Reife, Anstand, Vernunft und Bildung.

Besondere Herausforderung für DIE LINKE

Sollten die Medien weiter extremistisch auftreten und die Repräsentanten der neuen dritten politischen Kraft im Bundestag denunzieren, schikanieren oder boykottieren, ist der weitere Verlust an Glaubwürdigkeit der deutschen Demokratie nicht zu bremsen. Zum ersten Mal in der politischen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist eine Partei innerhalb von nur einer Legislaturperiode von unter 5% auf knapp 13% gestiegen und hat sich damit sofort als drittstärkste Fraktion im Bundestag konsolidiert. Eine besondere Herausforderung für DIE LINKE, die diese Position verlor und einen solchen Aufstieg nie bewerkstelligen konnte.

Neuordnung der parteipolitischen Verhältnisse


DIE LINKE muss sich jetzt eindeutig positionieren. Die Wählerschaft merkt, wenn eine Partei ihre Prinzipien verrät, um Machterwerb und lukrative Posten zu bevorzugen. Diejenigen, die mit der gescheiterten SPD auf Bundesebene koalieren wollen, sollten DIE LINKE verlassen müssen. Genauso sollte die SPD-Basis, die eine wirkliche Sozialdemokratie anstrebt, ihren Platz in der Partei DIE LINKE einnehmen. Diese Neuordnung der parteipolitischen Verhältnisse, nämlich Klarheit zu schaffen, erwartet die Wählerschaft  zu Recht. 

Aufhören mit „Rechts“ und „Links“ - Inhalte vermitteln 

Es sollte aufhören, von „Rechts“ und „Links“ zu sprechen, denn das macht heutzutage keinen Sinn, es vermittelt allein keinen Inhalt. In diese Banalität verfallen auch Journalisten, die sich nicht mit der programmatischen Politik, mit dem Inhalt einer politischen Offerte befassen wollen oder können. Es muss darum gehen, Positionen zu definieren und zu erklären. Wenn Menschen sie für richtig erachten – egal ob vermeintlich „rechts“ oder „links“ – werden sie ihnen zuzustimmen. Da hilft dann kein Gezeter über „rechts“ oder „links“. Führende Vertreter der Partei DIE LINKE, die eine Koalition mit der SPD auf Bundesebene anstreben, leiten die Grundsätze ihrer Partei um, verraten rechtstaatliche Grundsätze und Ziele, sind politisch realitätsfremd und verlieren deshalb die Unterstützung in der Wählerschaft, wie sich an den Ergebnissen bei den Bundestagswahlen in den betreffenden Bundesländern ablesen lässt. 

Wolfgang Gehrke (DIE LINKE) bestätigt treffend: <Wahlkämpfe gewinnt man mit und durch Profil. Wo das Profil verschwindet, verschwinden auch die Stimmen.> Es ist sonnenklar herauszustellen, dass DIE LINKE die einzige politische Kraft ist, die für Abrüstung eintritt und für den Austritt aus der NATO. Damit wird auch ein bemerkenswertes Defizit bei der AFD klar, ein Mangel, den die Wählerschaft erkennen sollte, um sich von dieser defizitären Gruppierung zu distanzieren, denn rund 80% der Deutschen wollen die Abrüstung, den Frieden und keine kriegerische NATO. 

Selbstverantwortung und Selbstbewusstsein gefordert

Jetzt sind Selbstverantwortung und Selbstbewusstsein gefordert. Deutsche und Europäer müssen folgerichtig handeln. Dazu gelten nicht Worte, sondern Taten und die faktischen Möglichkeiten. Deshalb sollte dieses Territorium in Mitteleuropa von Nuklearwaffen befreit werden. Die Abrüstung ist eine schlüssige Sache für Deutschland, wie der ehemalige Außenminister Guido Westerwelle (FDP) eindeutig im Bundestag einmal erklärte (11.11.2010). Dank seiner diplomatischen Anstrengungen konnte die Pflicht zur Abrüstung zum ersten Mal als NATO-Verpflichtung in einer NATO-Gipfel-Erklärung festgeschrieben werden (Lissabon, 20.11.2010.)

Keine Existenzberechtigung für NATO

Ein umfassender Abrüstungsprozess sollte dringend in Europa und im gesamten Nahen Osten angestrebt werden, ohne gewaltige Kriegsmaschinerien, die den Automatismus zum Krieg in sich bergen. Hier kommen wir zum Punkt: Die Auflösung der NATO ist nur zu fördern und zu begrüßen. Dieses aggressive Bündnis hat im 21. Jahrhundert endgültig keine Existenzberechtigung.

Europa-Bindung schaffen

Menschenrechte und demokratische Rechte sind schon lange Fundament der europäischen Politik. Ihr Erhalt heißt aber nicht, die fundamentalen westlichen Werte und Vorstellungen mit der Kontingenz eines Szenariums der Nachkriegszeit zu verwechseln, ein Szenarium, das schon vor langem hätte verschwinden müssen. Wenn diese zunehmend fragwürdig werdende Bindung Europas an eine Nachkriegsordnung durch zerstörerische anmaßende US- und NATO-Kriegsangriffe (gegen Jugoslawien, gegen Irak, gegen Afghanistan, gegen Libyen und Syrien) zerbricht, ist die Chance zu nutzen, endlich eine Europa-Bindung zu schaffen. Dazu sind reife demokratische Regierungen vonnöten, die die europäische Friedenslogik tatsächlich verinnerlicht haben und anerkennen. Dass es heute keine nennenswerte Spielräume für neue NATO-Interventionen gibt, ist nur zu begrüßen: Das Übel bleibt mindestens begrenzt.

Solange diese Reife und politische Bereitschaft, sich an einen europäischen Lebenskodex zu halten, nicht präsent sind, ist die Spaltung sowohl der EU als auch der Gesellschaften  folgerichtig und bietet die Chance für wirksame gesellschaftliche Erneuerungen. Seltsame pro-faschistische Fremdfiguren repräsentieren nicht mehr ihre friedfertigen Bevölkerungen. Das sind alles gute hoffnungsvolle Anzeichen für ein zukünftig starkes Europa, denn die europäische Integration muss auf festen Pfeilern und Werten ruhen, auf Mechanismen, die keine Existenz-Vernichtung, keine Lebensauslöschung in sich tragen.

NATO: Manipulations- und Machtsinstrument der USA gegen europäische Einheit

Ein fremdes Hybrid gegen eine harmonische gemeinsame Konzeption des Friedens in Europa, ihr Fortbestand im Rahmen der noch in Kraft befindlichen "Sicherheitsstrategie" der Selbstvernichtung - ein Konzept zu massenhaftem Selbstmord - ist vollkommen unvereinbar mit christlichen und humanistischen zivilisatorischen Werten, mit dem Grundgesetz und der UN-Charta. Weniger noch ist eine solche Strategie durch die christliche Ethik zu rechtfertigen. Diese gravierende finstere Drohung gegen einen gemeinsamen Frieden und gegen die Bewahrung der Schöpfung ist jetzt ein für allemal zu beseitigen durch die endgültige Abschaffung einer künstlichen Organisation, die sich in ein Manipulations- und Machtsinstrument der USA gegen die notwendige europäische Einheit verwandelt hat. Die NATO hat keine Legitimation, sie hat sie nie gehabt. Wo auch immer und wie auch immer. Die längst fällige Frage, was sie ohne identifizierten Gegner eigentlich noch soll, bleibt unbeantwortet, weil es keinen Gegner oder keinen Feind gibt. Nüchtern punktuell und treffend bemerkte schon vor sieben Jahre der SZ-Journalist Martin Winter: „Die meisten Pläne für eine mächtige und eigenständige NATO sind auf dem Friedhof der Illusionen gelandet.“ (SZ-Leitartikel vom 20.11.2010)

Mit erbärmlicher politischer Last alte SPD unbeweglich und weitgehend gewissenlos

Hätten die Deutschen der westdeutschen Bundesrepublik in der Nachkriegszeit eine ausführliche und gründliche antifaschistische historische Bildung bekommen, so wie es in der DDR geschah, hätten sie ein umfassendes historisches Bewusstsein erlangt und niemals für eine SPD gestimmt, die mit Militärs und Mördern Anfang des 20. Jahrhunderts kollaborierte, der Finanzierung des Ersten Weltkriegs zustimmte und nicht willig war, zusammen mit den humanistischen Kräften innerhalb und außerhalb vom Parlament, ja auch mit den Kommunisten, den Nazi-Faschismus von Anfang an zu stoppen. Ohne diese erbärmliche politische Last nach ehrlicher gründlicher Analyse abzuwerfen und sie als Lehre ernst zu nehmen, bleibt diese alte SPD unbeweglich und weitgehend politisch gewissenlos. Das zeigt sich schon alleine daran, dass sie bis heute als Regierungsmitglied mit dem US-Terror in Syrien kollaboriert und sich für alle NATO-Kriegstreiberei nützlich macht. Das fing schon 1999 an, als sie als führende Regierungspartei den NATO-Bombenangriff auf Belgrad guthieß und mitmachte. Eine fortschrittliche Allianz der Vernunft mit der Partei DIE LINKE war immer und bleibt deshalb illusorisch. Das Projekt Rot-Rot-Grün eine böse Absurdität.

Union und SPD vor einen Untersuchungsausschuss: Straftatbestand der Anstiftung zum Krieg

Aber die SPD ist noch in einem viel schwerwiegendem Maße eine gefährliche Partei: Sie war als Koalitionspartei der Union in der Bundesregierung die ganze Regierungszeit mit dabei, Russland zum Feind Deutschlands zu machen. Das gestaltet den Straftatbestand der Anstiftung zum Krieg und muss Konsequenzen haben. Die Führungen von Union und SPD und Mitglieder der sich verabschiedenden Regierung gehören gewiss vor einen Untersuchungsausschuss des frisch gewählten Bundestages.

Führungsebene von CDU und SPD zurücktreten!

Deutschland ist eine parlamentarische Demokratie, wo politische Parteien das Sagen haben. Sowohl die CDU-Kanzlerin als auch ihr SPD-Konkurrent sind abhängig von ihren Parteien. Darin liegt ihre Begrenzung und ihr Scheitern. Die Verantwortung liegt bei den Partei-Spitzen, die die Politik nicht ändern wollen. Folgerichtig ist es dann, dass die gesamte Führungsebene der CDU/CSU und SPD zurücktritt, um die Basis bestimmen zu lassen, welchen politischen Kurs sie bevorzugen. Das wäre in der Tat demokratische Erneuerung.


Verfasst am 1.10.2017


Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 631  vom 04.10.2017http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24195