Tuesday, April 16, 2013

Über 1700 begeisterte Zuhörer bei Präsident Dr. Rafael Correa in der TU Berlin


So viel Jubel war lange nicht. Ein junger, dynamischer, höchst kompetenter, lateinamerikanischer Präsident betritt das Audimax und wird mit stehendem Applaus empfangen, umarmt,  ja geküsst, während feierlich die  ecuadorianische Nationalhymne erklingt. Der  Mann hat zweifellos Charisma, er ist definitiv populär, vor allem aber ist  er ein gebildeter Volkswirt und ein begeisternder Redner. Drei Stunden lang spricht er über die Erfolgsstory in Sachen Krisenbewältigung, die sein Land vorzuweisen hat. Hier ist  endlich  einmal ein positives Beispiel zu uns gelangt. Von dem kleinen Naturparadies Ecuador könnten die Studierenden der Technischen Universität lernen, kann Europa lernen, wie man Wege aus der Auslandsverschuldung bahnt, wie man der Korruption Einhalt gebietet, wie man die Natur schützt und  auch die sozialen  Menschenrechte achtet.  Immer wieder wendet sich der ehemalige Hochschullehrer direkt an sein junges Publikum und  findet dabei die richtige direkte Ansprache.
Anlass seines Besuches  in der deutschen Metropole ist der 125. Jahrestag des deutsch-ecuadorianischen Freundschaftsvertrags. Für drei ganze Tage weilt der Präsident mit seiner Mannschaft, mit den Vertretern der heimischen Industrie in Berlin. Ein Handelsvertrag soll mit Frau Merkel abgeschlossen werden, aber kein Freihandelsvertrag soll es werden. Die zugrunde gelegten  Konditionen müssten die gegenseitigen Interessen wahren. Auf Erpressungsversuche werde man nicht eingehen. Vorbei sind die Zeiten, in denen man willkürlich umspringen konnte mit den Ländern Südamerikas. Seit nunmehr sechs Jahren stabilisiert sich auch  die Situation in Ecuador unter Rafael Correas kundiger  Präsidentschaft. Unter der Losung "Ecuador  liebt das Leben" ist es der kleinen Latino-Republik mit den 14 indigenen Völkern gelungen, durch eine antizyklische Krisenpolitik, Wege aus der Krise zu bahnen.  Ecuador werde  sogar zum "Jaguar" Lateinamerikas soll der deutsche Entwicklungsminister angemerkt haben. Und der in Belgien geschulte Volkswirt wartet mit Zahlen auf, um den Aufbruch in die "Glückseligkeit", dem sich die Landespolitik verschrieben hat, zu untermauern. Nach dem  Human-Entwicklungsindex ist Ecuador zwischen 2007 und 2012 an die dritte Stelle der sich am meisten entwickelnden Länder aufgerückt. Eine Million und 50 000 Ecuadorianer haben die Armut  schon hinter sich gelassen. Das Hauptziel des wirtschaftlichen Wachstums muss es laut Correa aber weiterhin sein, die Armut zu überwinden. Bei ihm zu Hause wurde auf diesem Weg  ein großer Teilerfolg erzielt: Die absolute Armut nach UN-Kriterien ging von 17% auf 11,2 % zurück. Sein Land weise die niedrigste Arbeitslosenquote in ganz Lateinamerika auf. Weltweit liege Ecuador  in Sachen Bildungsinvestitionen vorn, nur Dänemark weise mit 1,8% des BSP eine höhere Investitionsrate in die Bildung auf. Inzwischen studierten 8 000 ecuadorianische Studenten an den besten Universitäten der Welt. Ein Stipendienprogramm würde auch den Ärmsten solche Zugangschancen ermöglichen. 27,2 % betrage die Beteiligungsrate der ärmsten Bevölkerungsschichten an höherer Bildung. 40 000 behinderte Menschen seien in den letzten Jahren in den Arbeitsmarkt integriert worden, Menschen die zuvor keinerlei Chancen hatten.
Obwohl man noch vorrangig auf die Hebung  und den Verkauf  der natürlichen Ressourcen angewiesen sei, um den allgemeinen Wohlstand des Landes zu heben, sei das klare Ziel seiner Regierung die vorrangige Förderung menschlicher Talente, menschlicher Ressourcen, die Förderung der Wissenschaft.  Das Ziel des gesamten wirtschaftlichen  Schaffen des Landes müsse in den Dienst des Menschen und nicht in den des  Kapital gestellt werden, sagte der Präsident, dessen Rede immer wieder von starkem Beifall unterbrochen wurde. Diesem Ziel dienten in Ecuador  zwei große visionäre Projekte, so YACHAY, die  zukünftige Stadt des Wissens, der Forschung und PROMETEO.  Dem Ziel der Wissenschaftsförderung  dienten auch Verfassungsartikel. In Ecuador  werden auch erstmals auf Verfassungsebene die Rechte der Natur abgesichert. Von den Regenwaldschützern und regierungsfeindlichen NGOS lässt sich Correa nicht aus der Ruhe bringen. Er verweist auf die Konsumenten der  in den sich entwickelnden Nationen   geförderten Ressourcen. Diese müssten  sich am Naturschutz  mehr beteiligen, um nicht als Heuchler dazustehen. Man bemühe sich  in Ecuador  durchaus um naturfreundlichen Abbau der Ressourcen,  man suche nach Alternativen zum Abbau von Naturschätzen, man habe sich  auch dem Schutz der indigenen Völker verpflichtet, aber das Land habe auch  das Recht seinen Reichtum für das ganze Volk zu nutzen. "Das Vaterland ist für alle" lautet die Parole.
Konsequente, volksfreundliche Politik zahlt sich aus in hohen Zustimmungsraten. 57 % Zustimmung hat Präsident Correa letztens  schon im ersten Wahlgang errungen. Hohe Zustimmung brachten ihm gerade auch  die Regionen ein, in den Öl gefördert werden musste. Neun Wahlen in Folge hat er gewonnen und in drei Referenden hat das Volk seine Politik gutgeheißen. Man könne diese Mehrheiten nicht ignorieren und seine Politik nur an Minderheiten orientieren.  Ein gerechter Ausgleich sei das  Ziel seiner Politik. Und das Ergebnis kann sich offenbar sehen lassen:

- Ecuador weist heute den niedrigsten Schuldenkoeffizienten auf,
- hat sein Investitionsklima verbessert,
- hat ein effizientes Rechtswesen geschaffen,
- die Demokratie wurde gestärkt, u.a. durch den Abbau von Disparitäten.
- Der Mensch steht im Mittelpunkt des politischen  Handelns.
- Man habe erneut bewiesen, dass Ökonomie keine reine "Technik" sei, sondern auf Werten und Moralurteilen aufbauen könne und müsse.

Der Universitätspräsident der TU, Georg Steinbach, der die ganzen drei Stunden ausharrte, war sichtlich beeindruckt von seinem Kollegen. Die TU wolle eine Stätte des Diskurses sein und das war sie an diesem spannenden Abend nicht zuletzt auch durch die hervorragende Moderation Harald Neubers, der die Fragen gesammelt und strukturiert hatte und der versprach, was unbeantwortet blieb, werde demnächst auf der Webseite der ecuadorianischen Botschaft zu lesen sein.

korrekturen der ecuadorianischen botschaft: http://www.ecuadorembassy.de/

Das Lied Patria ist nicht die Nationalhymne Ecuadors, aber ein wichtiges Lied der ecuadorianischen Nation, welches u.a. in vielen Schulen gesungen wird.Anlass des offiziellen Besuchs von Präsident Rafael Correa, PhD, war nicht der 125. Jahrestag des deutsch- ecuadorianischen Freundschaftsvertrags, sondern die Einladung sowohl der Bundeskanzlerin Merkel zu einem Zusammentreffen im Bundeskanzleramt als auch der Lateinamerika-Initiative der Deutschen Wirtschaft (LAI), welche den Präsidenten Ecuadors bereits im August 2012 als Hauptredner für ihre Jahrestagung 2013 eingeladen hatte.
Nicht der deutsche Entwicklungsminister, sondern der Staatssekretär im BMZ, Hans-Jürgen Beerfeltz, tätigte diese Aussage.